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Das Bornaer Rathaus kann als eines der ältesten Gebäude unserer Stadt auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Nach der schweren Zerstörung Bornas in den Hussitenkriegen 1429/30 wurde im März 1439 der Grundstein zu einem neuen Rathaus gelegt. Der verpflichtete Baumeister Hans Wolffhart aus Franken hatte wenige Jahre zuvor den Chor der Stadtkirche errichtet. Überliefert ist sein Wirken aber auch von weit berühmteren Bauwerken, z. B. der Schloßkirche Altenburg und der Fürstenkapelle am Dom zu Meisen. Bei dem großen Stadtbrand am 5. August 1668 wurde das Rathaus fast vollständig zerstört. Der darauf folgende Neubau war 1676 vollendet, als man das prächtige Portal aus Rochlitzer Porphyrtuff einsetzte. 

Voller Stolz hatten die drei obersten Häupter des Stadtregiments ihre Initialen zu seiten des Stadtwappens in den Stein meißeln lassen: A G COS / E M COS / M A IUD bedeuten: Abraham Grünigk, Consul (regierender Bürgermeister) / Elias Matthäi, Consul (Beisitzer) / Melchior Altwein, Judex (Stadtrichter).

Die zweiflügelige geschnitzte Eichentür ist dem in der Zeit des Barock aufgekommenen Knorpelstil zuzuordnen, dessen üppige Schnörkel an Pflanzen, Tiermotiven und menschlichen Masken oftmals ins Groteske wuchsen, so auch hier. 1949 wurde die Rathaustür von der Firma Lindholm orginalgetreu unter Beibehaltung der ursprünglichen Schnitzerei, des Schlosses und der alten Beschläge instand gesetzt.

Wie allgemein üblich, hatte auch unser Rathaus mehrere Funktionen zu erfüllen. Den geringsten Raum erforderten ursprünglich die eigentlichen Verwaltungsaufgaben mit Sitzungszimmer der Ratsherren, Richterstube, Ratsschreiberei, Kämmerei und Archiv. Tuchmacher und Kürchner hielten zu den Jahrmärkten ihre kostbaren Waren im Rathaus feil. Bis ins 19. Jahrhundert fanden hier Vergnügungen für die Bürger, Tanz, Schultheater und Aufführungen fahrender Schauspieltrupps statt. Der Ratskeller besaß als einzige Gaststätte das Privileg, Wein und fremde Biere auszuschenken. Er war damit eine wichtige Einnahmequelle der Stadt, ebenso wie die städtische Waage, über die sämtliche wägbaren Marktgüter zu gehen hatten, und die sich ebenfalls im Rathaus befand. Der Ratskellerpächter hatte seine Wohnung im Rathaus, und unter der Treppe dient ein festes "Gewölbe" (wohl mehr ein Kellerloch) dazu, aufsässige Personen zur Vernunft zu bringen. Wer wegen leichterer Vergehen mit dem Pranger bestraft wurde, hatte draußen am Markt den Spott der Einwohnerschaft.

Vor dem Bau der Kaserne wurden einzelne Räume für militärischen Unterricht der Garnison vermietet. Auf dem Boden waren Rüstkammern für das Militär eingerichtet. Zwichen 1873 und 1876 diente der östliche Flügel als Realschule, bis der Unterricht in der neuerbauten Bürgerschule (Dinterschule) gehalten werden konnte. Später hatte sogar die Volksbücherei zeitweilig ihre Ausgabestelle im Rathaus. Um all diese vielfältigen Aufgaben gerecht zu werden, mußte das Rathaus mancherlei Veränderungen über sich ergehen lassen. Am tiefsten griffen dabei die Bauarbeiten der Jahre 1887 bis 1890 in den Bestand ein. Der Turm erhielt eine neue Gestalt. Anstelle des weiträumigen Saales in der 2. Etage wurden einzelne Dienstzimmer eingerichtet. In der 1. Etage entstanden ein großer Sitzungssaal für die Stadtverordneten und ein kleinerer für die Ratsherren. Die Stirnseiten beider Säle wurden durch Erker mit farbigen Fenstern erweitert. Von besonderer Kostbarkeit ist die Innenarchitektur des Stadtverordnetensaales. Dem Zeitgeschmack entsprechend verwendete man 1889 für die Täfelung der Decke Schmuckformen der Vergangenheit, wie sie etwa im 16. Jahrhundert in repräsentativen Gebäuden vorkamen.

Wappenförmige Kartuschen zeigen die für Borna wichtigen Farben: Blau-Gelb - unsere Stadtfarben; Weiß-Grün - das Königreich Sachsen; Schwarz-Rot-Gold - Bundesrepublik Deutschland. Diese Farben aus jüngerer Zeit überdecken höchstwahrscheinlich das Schwarz-Weiß-Rot des Kaiserreiches - dann hätten sie damals wie heute den Sinn ergeben: Borna - eine sächsische Stadt in Deutschland. Als Wappenbilder sind dargestellt: Der schwarze Löwe des Meißner Markgrafen; Weiß-Schwarz mit den roten Schwertern - das Kurfürstentum Sachsen; Gelb-Schwarz geteilt mit der grünen Raute - das Haus Wettin; der Adler - Wappen des Deutschen Reiches von 1871; Bornas Stadtwappen, wie es von 1845 bis 1897 aussah. Letzteres war praktisch eine naiv bemalte, vergrößerte Form des seit Jahrhunderten geltenden Stadtsiegels. Gastaltung und Farben widersprachen den Regeln der Wappenkunde, so dass die sächsische Regierung Änderung verlangte. Nach längeren Bemühen fand schließlich der Entwurf des Heraldikers Prof. Hildebrand-Berlin bei den Stadtvätern und bei der Regierung Anerkennung. Im August 1897 wurde das neue Stadtwappen Bornas offiziell bestätigt und ist noch heute gültig.

Seinen schönsten Schmuck erhielt der damalige kleine Ratsaal im Jahre 1936 mit einem Kachelofen aus der Werkstatt des Frohburger Kunsttöpfers Kurt Feuerriegel. Feuerriegel hat in das Format der Ofenkacheln jeweils ein für Borna typisches Handwerk oder Gewerbe in menschlicher Gestalt hineingezaubert: Da gibt es u.a. den Ziegelträger, Schuster, Eisengießer, den Bergmann und die personifizierte "Energie". Eine Zwiebelfrau mit fröhlichen runden Formen fehlt natürlich nicht! Von Uhr und Glocken ist zu berichten, daß auch sie bei der Brandkatastrophe 1668 nicht verschont blieben. Die uralte Bronzeglocke stürtzte vom Turm und zersprang in viele Stücke. Der Rotgießer Georg Schüßler zu Leipzig goß sie 1669 neu aus der aufgesammelten "Glockenspeise". Ihr ehrwürdiges Alter schützte sie 1942 nicht davor, zum Einschmelzen für Kriegsmaterial bestimmt zu werden, aber sie entging ihrem Schicksal. Dank ihrer Inschrift wurde sie nach Kriegsende identifiziert und kehrte im Dezember 1949 nach Hause zurück. Seit Mai 1950 ruft sie nun wieder den Stundenschlag über die Dächer der Stadt, sobald ihre kleine Schwester die Viertelstunden verkündet hat.

Schon 1670 zierte das Rathaus "nach dem Markt heraus" wieder eine "Monden-Uhr", halb vergoldet und halb blau mit goldenen Sternen gamalet". 1873 verkaufte man die Mondenuhr, als ein neues Werk eingesetzt wurde, das wegen seiner Störanfälligkeit jedoch oft Anlaß zu Ärger und Spöttelei bot. Seit 1994 prangt eine neue astronomische Uhr mit Mondphasen und Tierkreiszeichen über der Stelle, wo vor 300 Jahren vom Pfeiferhäuschen aus der Stadtpfeifer herablies und wo ein besonderes Bürgerglöckchen die Einwohner zu bestimmten Anlässen vor das Rathaus rief.

Quelle: Broschüre "Das Rathaus in Borna", herausgegeben von der Stadtverwaltung Borna

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